Evakuierung Teile der Stadt Braunsbedra

Die Evakuierung von Teilen der Stadt Braunsbedra ist fast abgeschlossen. 450 Einwohner sind betroffen.
VON DIRK SKRZYPCZAK,

 

BRAUNSBEDRA/MZ. Am Dienstagmittag ist es südlich der Merseburger Straße in Braunsbedra gespenstig ruhig. Die Polizei hat das Gebiet rund um die Landesstraße 179 in einem Radius von 600 Metern abgeriegelt. Einsatzkräfte der Feuerwehr und Rettungskräfte beziehen Position. 450 Einwohner mehrerer Straßenzüge sowie Bürger aus Schortau haben ihre Wohnungen und Häuser verlassen. Sie harren in Notunterkünften aus, etwa in der Barbarahalle und im Rathaus. In den Schulen sitzen Kinder und Jugendliche fest, weil die Schulbusse nicht fahren dürfen. Die Flugsicherung hat den Luftraum über Braunsbedra gesperrt.

Innerhalb von knapp 15 Minuten sind dann am frühen Nachmittag aus der Ferne zwei dumpfe Schläge zu hören. Die Gefahr ist gebannt. Zwei deutsche Flak-Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg können keinen Schaden mehr anrichten. Thilo Pierau vom Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes hat die Blindgänger auf einem Feld 300 Meter jenseits der Stadtgrenze gesprengt.

„Ich bin natürlich erleichtert, dass niemandem etwas passiert ist“, freut sich Bürgermeister Steffen Schmitz. Noch am Dienstagmorgen hatten sich die Ereignisse überschlagen. Bei der Feldarbeit hatte ein Traktorfahrer eine knapp 50 Zentimeter lange Granate mit einem Durchmesser von 12,8 Zentimetern freigelegt. „Spezialisten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes hatten entschieden, dass das Geschoss vor Ort gesprengt werden muss. Wir vertrauen ihrem Urteil“, sagt Uwe Biermann aus dem Amt für Katastrophenschutz. Doch bei dem einen Blindgänger blieb es nicht. Wenige Meter neben der ersten wurde eine zweite Granate gefunden. Auch sie soll auf dem Feld vernichtet werden.

Diejenigen Braunsbedraer, die nicht auf Arbeit sind, müssen ihre Häuser verlassen. „Ich mache mir nur Sorgen um mein Haus“, meint Dieter Klemps, der in der Naundorfer Straße ein Eigenheim hat. 1996 war vor dem Bau des Wohngebiets hier eine mächtige Luftmine gefunden worden. Damals ging alles gut. Und dieses Mal? „Die Leute wissen, was sie tun“, sagt Klemps, fragt sich aber, ob er die Fenster hätte offenlassen sollen. „Was ist, wenn eine Druckwelle kommt?““

Brigitte Meyer hat vom Garten aus den Traktor auf dem Acker stehen sehen. „Ich war schon verwundert, was da los ist. Dann kamen die Lautsprecherdurchsagen. Und jetzt sind wir hier und warten“, erzählt die Seniorin, die wie etwa 40 andere Braunsbedraer auf der Sportanlage Zuflucht gefunden hat. Dass auch heute noch Bomben und Granaten aus der Erde geholt werden, 67 Jahre nach Kriegsende, wundert sie nicht. „Meine Eltern hatten mir von den Luftangriffen auf das Mineralölwerk in Lützkendorf erzählt. Damals wurde auch unser Wohnhaus zerstört.“

Unterdessen hat Sprengmeister Thilo Pierau aus der Altmark mit den Granaten mehr Mühe, als erwartet. Beide Blindgänger hat er einen Meter tief in der Erde vergraben, um die Wucht der Explosion zu mindern. In 300 Metern Entfernung zündet er die Sprengladung, die er an den Granaten angebracht hat. Eines der Geschosse wird völlig zerfetzt, das andere aber nur aufgerissen. Also entscheidet sich Pierau für eine zweite Sprengung. Um 14.20 Uhr ist der Spuk dann vorbei. „Die Evakuierung kann aufgehoben werden“, funkt Werner Gnaß, der leitende Einsatzbeamte der Polizei, an seine Kollegen. Obwohl alle zuversichtlich waren, ist nun Erleichterung spürbar.

Letztlich ziehen die Behörden ein positives Fazit. Der Einsatz habe gut geklappt, die meisten Einwohner hätten besonnen reagiert.

 

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