Hitze sorgt für Brände auf Abraumhalden

Hitze sorgt für Brände auf Abraumhalden

VON DIRK SKRZYPCZAK, 27.07.12, 10:49h, aktualisiert 28.07.12, 13:01h
Glutnest

Erst vor wenigen Tagen hatte der Brand einer Erntemaschine bei Dörstewitz rund 70 Einsatzkräfte in Atem gehalten und große Getreideflächen vernichtet. (FOTO: MARCO JUNGHANS)
BRAUNSDORF/MZ. Frischer Brandgeruch beißt in der Nase. „Es geht schon wieder los“, murmelt Thomas Schulze und läuft auf seinem Kontrollgang ins Unterholz. Die Erde ist schwarz vom Fraß der Flammen und dem Kohlenstaub, der bei jedem Schritt aus dem weichen Boden stiebt. Es brennt wieder einmal auf der Hochhalde Pfännerhall bei Braunsbedra. Auf einer Waldfläche von 10 000 Quadratmetern hat das Feuer am Mittwoch gewütet. Am Donnerstag musste die Feuerwehr wieder ausrücken, um 50 Glutnester zu löschen und damit den nächsten Großbrand auf der einstigen Abraumkippe zu verhindern. Es ist ein Kampf wie gegen Windmühlen. Die Sommerhitze lässt die Erde nicht zur Ruhe kommen. Und wieder qualmt es an diesem Freitagmittag an einigen Stellen aus dem Boden. Schulze, Stadtwehrleiter in Braunsbedra, löst Alarm aus. „Die Kameraden werden sich bedanken“, weiß er schon, ohne ihre Gesichter gesehen zu haben.
Glutnester

Auf der Abraumhalde bei Braunsbedra ist die Waldbrandgefahr nicht gebannt. Am Freitagmittag wurden erneut mehrere Glutnester im Boden entdeckt. Die Feuerwehr ist vor Ort, um die Brandherde zu löschen. (FOTO: MZ)

 

Vor 80 Jahren still gelegt

Unten, am Geiseltalsee, geht das Leben indes seinen gewohnten Gang. Nichts deutet auf das Feuer tief im Dickicht hin. Die Halde, an deren Fuß sich der asphaltierte Radweg am See entlang schlängelt, ist ein bewaldeter Hügel. 1914 war hier der erste Abraum aufgeschüttet worden. Bis in die 1930er Jahre ist die Halde in Betrieb gewesen. Danach wurde sie rekultiviert und bepflanzt. Das Betreten ist verboten. „Unser Problem ist die Beschaffenheit des Bodens. Durch den hohen Kohlenstaubanteil wird es richtig gefährlich, wenn es hier einmal brennt“, erzählt Schulze. Er geht davon aus, dass die hohen Temperaturen für die jüngsten Brände verantwortlich sind und kein Feuerteufel sein Unwesen treibt. „Die Hitze dringt dank der Kohle tief in den Boden ein. Dort schießt das Feuer dann unterirdisch entlang und tritt an anderen Stellen wieder aus“, sagt der 47-Jährige. „Wenn wir Pech haben, sind wir Wochen beschäftigt.“

 

Inferno wütete vor zwölf Jahren

So wie vor zwölf Jahren, als auf der kompletten Halde ein Inferno wütete. Damals waren hunderte Feuerwehrwehrleute fast ununterbrochen im Einsatz. In der Hitze fackelten die Löschwasserschläuche ab. Und weil es nur wenige Wege auf der Kippe gab, mussten Pioniere der Bundeswehr mit Panzern anrücken, um Schneisen in den Wald zu schlagen. Nur so war es überhaupt möglich, alle Brandherde zu erreichen. Seitdem kommt es drei- bis viermal pro Jahr vor, dass die Feuerwehr zur mächtigen Halde muss. Die Häufung der letzten Tage ist für Schulze daher ein beunruhigendes Zeichen.

Es dauert nur wenige Minuten, bis die Feuerwehrleute auf der Wache eintreffen und ausrücken. Mit Blaulicht und Sirene fahren sie auf dem Radwanderweg bis zur steilen Rampe, die auf die Halde führt. Chemikant Stefan York (24) kam früh aus der Nachtschicht und hatte nur kurz geschlafen. Dann heulte die Sirene. Jetzt stiefelt er mit einer Wärmebildkamera über verkohltes Holz und verbrannte Sträucher und sucht Glutnester. 16 dieser tückischen Feuerstellen sind rasch ausgemacht. Das Löschen ist eine Tortur. Die Einsatzkräfte, darunter zwei Frauen, müssen die 20 Meter langen und und mit Wasser gefüllt immerhin 100 Kilo schweren Schläuche kreuz und quer durch das Unterholz zerren. „Nach kurzer Zeit bist du platt“, sagt die 31-jährige Romy Dwornikiewicz, die als Altenpflegerin arbeitet und eigentlich einen freien Tag hat. Bei über 30 Grad Celsius im Schatten verzichten die Brandbekämpfer auf ihre dicken Jacken oder die Helme. „Niemandem ist geholfen, wenn hier einer umkippt“, erklärt der Stadtwehrleiter.

Die Glutnester werden kräftig ausgespült. Zurück bleiben kleine Krater. Hier oben werden keine Helden geboren. Die Männer und Frauen sind schwarz vor Dreck. Es ist ein einsames Ringen mit dem Feuer. „Es gibt tatsächlich Leute, die glauben, dass wir auf der Kippe selbst zündeln, damit wir ausrücken können. Also ich für meinen Teil kann mir viele Sachen vorstellen, die besser sind als ein Einsatz auf der Halde“, meint Heiko Müller kopfschüttelnd. Seit 27 Jahren ist er bei der Feuerwehr. Normalerweise hat er jetzt Urlaub. „Meine Frau sitzt zu Hause und wartet“, sagt der 46-Jährige.

 

Auf dem Berg liegt Wasser an

Für die Feuerwehr wird es riskant, wenn es auf der Kippe brennt. „Wir kamen hier schon hoch, da standen die Bäume lichterloh in Flammen und sind umgekracht“, berichtet Stadtwehrleiter Schulze. Auch komme es immer wieder vor, dass Kohlenstaub in die Luft spritze und sich dabei entzünde.

Die Braunsbedraer haben aus den Erfahrungen gelernt. Im Jahr 2000 musste das Wasser noch mühsam auf den Berg geschafft werden. Später wurde dann eine Trockenleitung von Braunsdorf aus hinauf gelegt. Stehen wie am Mittwoch große Flächen in Brand, wird das Wasser mit einer Pumpe auf die Halde gedrückt. Oben pendeln dann Tanklöschzüge zwischen dem Einsatzort und der Wasserleitung hin und her. Das garantiert eine schnelle Versorgung. Für die nächsten Tage haben die Frauen und Männer der Wehr nur einen Wunsch: Regen. Dann hat der Spuk ein Ende. Für den Moment.

 

Quelle: MZ-Web.de

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